Bericht der Kommision für Pferdezucht an die Direktion der Landwirtschaft des Kantons Bern über die Pferdeschauen im Jahre 1953.
Allgemeines
Seit den Herbstmärkten 1952 macht unsere Pferdezucht eine bedenkliche Krise durch, die wahrscheinlich nicht so schnell behoben sein wird…..Es sind verschiedene Gründe, die diese ungünstige Marktlage verschuldeten, so das Überhandnehmen des Motors in der Landwirtschaft und in der Armee….Aber marktmäßig haben wir heute zu viele Fohlen und zeitweise zu wenig junge Arbeitspferde. Aus diesen Gründen kann der Import von Pferden nicht gänzlich unterbunden werden, nur sollte für diese Pferde ein Mindestgewicht von 700 kg verlangt werden, um die Nachfrage nach ganz schweren Pferden, die besonders auf den kargen Juraböden nicht gezüchtet werden können, zu befriedigen. Bei ausreichender Futtergrundlage wäre die Aufzucht eines schweren Pferdes gar nicht unmöglich. Aber Pferde mit Masse und Gang und genügend Temperament, das Universalpferd wie es heute verlangt wird, kann man nicht so aus dem Boden stampfen. Es braucht seine Zeit dazu, um ein solches zu züchten. Pferdezucht kann eben nicht mit Kleintierzucht verglichen werden, wo der Generationenwechsel viel schneller vor sich geht. Es sind noch nicht zehn Jahre her, dass man dem Freibergerpferd vorgehalten hat, es sei zu wenig ausdauernd und gängig und zu wenig leistungsfähig. Die während mehr als 10 Jahren durchgeführten Leistungsprüfung für Zuchthengste in Avenches haben aber das Gegenteil bewiesen, denn es ist vorgekommen, dass im Kilometerlauf selbst Import-Halbbluthengste durch Freibergerhengste geschlagen wurden. Diese Vorwürfe sind nun verstummt und heute verlangt man ein schweres Pferd und namentlich schwere Fohlen. Schon seit einigen Jahren wurde der Markt der Saugfohlen durch den Schlachtpreis gelenkt, ohne dass dies aufgefallen ist, so dass für die Lebfohlen sogar bessere Preise bezahlt werden mussten. Eine Ausmerzaktion, um den Markt von geringen Fohlen zu entlasten, ist durchaus begrüßenswert, nur wäre namentlich an den größeren Zuchtschauen im Jura ein fachkundiger Vertreter der Züchterschaft bei der Preisbestimmung der Schlachtfohlen am Platze….
…Die Frage der Verstärkung in der schweizerischen Pferdezucht ist nicht neu. So hatte zu diesem Zwecke der Kanton Waadt um die Mitte des vorigen Jahrhunderts schwere Percheron-Hengste importiert, deren Zucht aber der Misserfolge wegen schon nach 20 Jahren wieder eingegangen ist. Um die Jahrhundertwende wurden zum gleichen Zweck, als infolge vorausgegangenen, zum Teil fehlerhaften Einkreuzungen von Halb- und Vollblut eine zu starke Verfeinerung entstanden war, durch die Pferdezuchtgenossenschaft Burgdorf und Oberaargau Ardenner-Hengste importiert. Auch der Bund hat damals, um eine Verstärkung zu erreichen, Percheron-, Shire- und Norfolk-Breton-Hengste importiert, aber ohne den beabsichtigten Zweck zu erreichen. Auch bei den Ardenner-Hengsten musste die Blutauffrischung nach zwei bis drei Generationen erneuert werden, wenn die gewünschte Verstärkung andauern sollte. Heute dürfte es schwer sein, die richtigen Import Zuchttiere zu finden, um diese Verstärkung zu erreichen.
Wir sind jedoch überzeugt, dass wir die Verstärkung, wie sie für unsere Verhältnisse notwendig ist, durch Selektion erreichen können, Solche Umstellungen erfordern aber in der Pferdezucht eine längere Zeitspanne. Es wird deshalb notwendig sein, in Zukunft nur mit erstklassigem Zuchtmaterial zu züchten, wobei nicht zu vergessen ist, dass nicht nur gute Zuchthengste, sondern auch ein erstklassiges Stutenmaterial zu züchten, wobei nicht zu vergessen ist, daß nicht nur gute Zuchthengste, sondern auch ein erstklassiges Stutenmaterial Voraussetzung für die gewünschent Zuchtprodukte ist. Mit allen Mitteln sollte aber dafür gesorgt werden, daß die Wiege des eigentlichen Freibergerpferdes, die Freiberge, der Pferdezucht erhalten bleiben und diese nicht durch die ohnehin überlastete Viehzucht verdrängt wird.…
...Auch sollten wir vor allem im eigentlichen Zuchtgebiet das Original Freibergerpferd züchten, ein Pferd, das dem Boden angepaßt ist und auf dem Markte auch am meisten begehrt wird. Ob das Gewicht nun etwas leichter oder schwerer ist, spielt nicht eine große Rolle, aber ein Pferd von Qualität findet noch heute seine Abnehmer. Denn auch beim Freiberger finden wir einen leichtern und einen mittleren Typ, doch muß namentlich beim ersten noch eine gewisse Eleganz vorhanden sein, denn ein gemeines und geringes Pferd ist heute schwer an den Mann zu bringen. Wir dürfen aber nicht vergessen, daß beim leichtern Typ namentlich unsere Rasse verkörpert ist, und wir brauchen diesen von den besten Familien herstammenden Typ immer wieder für eine geeignete Blutauffrischung. Der mittlere Typ, der heute mehr verlangt wird als der leichtere, ist schwerer zu züchten, da es oft an geeigneten schweren Hengsten fehlt, die namentlich in Typ, Farbe, Ausdauer und Leichtfuttrigkeit den Freibergertyp nicht verunstalten dürfen. Den echten Freiberger sollte man schon auf Distanz als solchen erkennen, die Zucht dieses Pferdes wird auch bei unsam besten standhalten sofern jede fremde Blutbeimischung unterbleibt und die Selektion in noch strengerem Maßstab durchgeführt wird. Der leichte Typ sollte ein Gewicht von 570-620 kg, der schwere ein solches von 620-680 kg aufweisen...
….die Zucht dieses Pferdes wird auch bei uns am besten standhalten, sofern jede fremde Blutbeimischung unterbleibt und die Selektion in noch strengerem Maßstabe durchgeführt wird. Der leichtere Typ sollte ein Gewicht von 570 bis 620 kg, der wchwere ein solches von 620-680 kg aufweisen. Ein Pferd, schwerer als 680kg, in den Freibergen züchten zu wollen, wäre eine verfehlte Sache. Man darf nicht vergessen, dass die Scholle und nicht zuletzt das Klima das Produkt formt und der jurassische Bauer ist noch nicht gewöhnt, dem Pferd außer etwas Heu und dem Weidegang noch viel Beifutter zu verabreichen. Das Stockmaß sollte zwischen 152-158 cm bei den Stuten und 154-160 bei den Hengsten variieren. Stuten unter 148 cm und über 162 cm Stockmaß sollten nicht zur Zucht verwendet werden. Indessen züchten Stuten vom kleineren Typ erfahrungsgemäß besser als zu hohe Stuten, vorausgesetzt, dass genügend Gewicht vorhanden ist. Die Farbe sollte wenn möglich braun, noch besser hellbraun, aber nicht falb sein, mit möglichst wenig Abzeichen. An zweiter Stelle kommt die Fuchsfarbe, während Isabelle, Falbe, Graue und Rappen nicht erwünscht sind. Man kann sagen: „ein gutes Pferd hat keine Farbe“, aber ein schönes hellbraunes Fohlen findet eher seinen Abnehmer und wird, besonders auf dem Chaindonmarkt, oft mit 50 bis 150 Franken mehr bezahlt als ein andersfarbiges Fohlen…..
…Ein schöner, eher kleiner, trockener und ausdrucksvoller Kopf mit großen Augen und klarem, aber gutmütigem Blick, temperamentvoll, aber trotzdem mit gutem Charakter, gehören zu den Merkmalen des typischen Freibergers. Man sollte sogar den Zuchtwert einer Stute oder eines Hengstes am Kopfe, am Ausdruck ablesen können….
…Der Hals ist eine der schönsten Partien beim Pferd. Er soll nicht kurz und nicht zu lang, nicht zu dick und nicht zu mager und gut aufgesetzt sein, so dass der Kopf stolz getragen wird. Auch die Ohren sollten mittellang und gut getragen werden und ein „Bögli“ unterhalb der Ohrspitzen verleiht dem Kopf einen feinen Ausdruck, was man bei den Freibergern besonders gerne sieht….
….Wie bereits erwähnt sollte der leichte Freiberger immer zur Blutauffrischung beigezogen werden, der hinsichtlich der Ausdauer und Ausgeglichenheit, Rasse und Bodenständigkeit volle Gewähr bietet. Dieser Typ läuft aber heute Gefahr zu verschwinden, weil er sich besonders im Fohlenalter, spät entwickelt und deshalb mangels genügend anderweitiger Nachfrage vielfach zum Schlachten verkauft wird.
Wir haben heute noch sehr gute Linien, vielleicht die reinsten von Imprévue abstammend, die trotz der notwendigen Verstärkung nicht verschwinden sollte und die dann eingesetzt werden können, wenn der Freiberger durch die Verstärkung zu gemein werden sollte. Auf diese Weise könnte auf das unerwünschte fremde Blut verzichtet werden….
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