Mandoline 2007

Den ganzen Winter über haben wir Mandoline noch mal von Grund auf für die Kutsche ausgebildet. Doppellonge kannte sie ja schon, darum fingen wir recht zügig mit Reifenziehen an. Nach den ersten 3-4 Wiederholungen, hat sich Mandoline an das Geräusch von hinten gewöhnt. Wer weiß was sie mit dem Geräusch des Schotters verbunden hat? Jedenfalls ist sie jetzt nicht mehr aus der Ruhe zu bringen.

Mai 2007

Mandoline geht inzwischen ein- und zweispännig an der Kutsche. Offensichtlich macht ihr das Kutsche ziehen mehr Spaß als die Arbeit auf dem Platz. Sie ist total zuverlässig und weiterhin nicht aus der Ruhe zu bringen. Ich denke darüber nach Mandoline zu verkaufen, sie ist zwar ein Verlaßpferd, aber ich habe durch Quinn gelernt wie schön es ist ein rittiges und leistungsbereites Pferd zu reiten. Für jemanden, der gemütlich durchs Gelände reiten oder fahren will oder für Kinderstunden ist Mandoline genau das richtige. Ich habe so viele Krisen mit ihr überwunden und jetzt habe ich zum ersten Mal das Gefühl ich könnte mich guten Gewissens auf die Suche nach einem neuen Zuhause für Line machen. Jetzt hat sie gute Chancen.

1. Juni 2007

Inzwischen ist Quinn angekommen. Mandoline hat sofort Freundschaft mit ihm geschlossen und nimmt ihn total in Beschlag. Ich habe noch nie erlebt, daß sie sich für ein anderes Pferd so interessiert, außer für Queshya natürlich. Mandoline und Quinn gehen zusammen 2-spännig und André ist jetzt auch Feuer und Flamme. Ich muß mich schon ziemlich durchsetzen damit ich auch noch mal zum Reiten komme, am Wochenende ist jedenfalls Kutsche fahren angesagt. Wir haben schon schöne Ausflüge ins Heck gemacht.

3. Juni 2007

Am 2. Juni 2007 spannten wir Mandoline und Quinn wie immer ein um mit der Familie und Freunden eine kleine Tour im Bergischen zu unternehmen. Unsere Tochter Julia und unsere Freundin Renate reiten auf ihren Pferden hinter der Kutsche her. Unsere Pferde laufen super an der Kutsche und haben offensichtlich genauso viel Freude an der Fahrt wie wir. Wir schlagen den üblichen Weg, in Richtung Fit-Hotel ein. Das kleine Sträßchen führt geschlängelt bergauf rechts und links von Wald umgeben. 

Wir haben noch ca. 300 m bis zu dem Feldweg in den wir immer einbiegen, als wir einen Wagen beschleunigen hörten. Mein Mann, der die Kutsche fährt, flucht und führt die Pferde so weit auf die rechte Seite wie der Anstieg in den Wald das zuläst. Einen Moment später schießt ein Auto um die vor uns liegende Kurve und schon quietschten die Bremsen. Mir kommt das ganze noch immer unwirklich vor und ich sehe die Bilder wie in einem Daumenkino. Das Auto quietscht, rutscht auf uns zu, er schafft es nicht, er schafft es nicht, Mandoline versucht zu weichen, biegt sich, Mandoline steigt, es kracht, Mandoline liegt auf der Motorhaube, die Kutsche steht, ich springe ab, ich schreie Julias Freundin an und reiße sie von der Kutsche, die Kutsche bewegt sich in den Wald, ich reiße meinen jüngsten Sohn von der Kutsche, plötzlich steht die Kutsche. Ich schaue hinter mich, meine Tochter Julia läuft weinend hinter ihrem Pony her. Ich renne auch dorthin und kann das Pony einfangen. 

Ich kann nicht zu Mandoline gehen. Ich höre mich schreien meine Pferde meine Pferde, Mandoline... Unser Freund Klaus steht neben Mandoline, Barbara du kannst kommen Mandoline frisst. Tatsächlich Mandoline knabbert am Tannengrün. Sie schaut mich an mit großen Augen "Was macht ihr mit mir?", sie blutet an der Brust, sie steht, sie steht, Renate ruf die Polizei, ich versuche den Tierarzt zu erreichen, alle die ich kenne haben ihr Handy aus, überall kommen plötzlich Männer aus dem Wald gelaufen, wir kommen vom Fit-Hotel, wir haben den Knall gehört, Julia weint ein Mann packt sie in Folie, ich weine immer noch meine Pferde, Julia ist vom Pferd gefallen, sie blutet am Arm ihr Rücken ist zerkratzt, ich schaue meinen Mann an er sieht fertig aus ist aber ruhig.

Alle Leben, keiner ist schwer verletzt, Quinn ist ok, Mandolines Beine sind ok, ein Wunder. Wir sind dankbar, dankbar daß alle leben, keiner schwer verletzt ist, dankbar daß wir Mandoline noch haben. Wahrscheinlich wird Mandoline in Rente gehen, ich kann mir nicht vorstellen, daß sie jemals wieder verkehrssicher sein wird. Ich danke Mandoline, sie hat mich zum Reiter gemacht, meiner Tochter den Einstieg ins Reiten ermöglicht, sie hat uns ein wunderschönes Fohlen geschenkt, sie hat meinen Mann zu einem Pferdemenschen gemacht und jetzt hat sie den Schlag für uns abgefangen.

19. Juni 2007

Der Unfall hat unsere Pläne für die nahe, aber auch für die weitere Zukunft verändert. Mandoline sollte eigentlich das Pferd unseres autistischen Sohnes werden. Mandoline war sehr zuverlässig, wenn reiterlich wenig Anforderungen an sie gestellt wurden. Wir haben für uns entschieden, daß wir Mandoline nicht mehr einspannen werden. Es gibt zu viele negative Beispiele, bei denen Pferde, die beim Fahren Traumen erlebt haben auch noch Jahre später, in einer kritischen Situation plötzlich austickten. Wir glauben, daß es möglich wäre Mandoline wieder anzuspannen, aber die Gefahr für späte Reaktionen ist uns einfach zu groß. Wir sind eine Familie mit 3 Kindern und müssen darum auch auf unsere Sicherheit bedacht sein. Das ist sehr bitter, da Mandoline am Fahren viel Spaß gefunden hatte. Wenn uns beim Spazieren gehen ein Fahrzeug entgegen kommt zeigt Mandoline deutlich ihre Angst. Das war ja auch nicht anders zu erwarten. Wie es mit Mandoline weiter geht wird uns die Zeit zeigen. Ich denke mit Erholung und Ruhe in der Arbeit könnten wir das Trauma überwinden. Das Verlaßpferd, das sie war, wird sie aber wohl nicht mehr werden. Erstaunlicher Weise hat Quinn keinen Schaden davon getragen. Er hat weder Angst im Verkehr noch an der Kutsche. Am Wochenende konnten wir ihn auf der Pferdeschau der Familie Borsbach "Gut Benningsfeld" (www.borsbach.de) vorstellen. Der Tag war etwas bitter, da wir geplant hatten Mandoline und Quinn dort gemeinsam an der Kutsche vorzustellen. Quinn hat sich trotz seines jungen Alters und obwohl ihm seine Mandoline nicht zur Seite stehen konnte super präsentiert.

23. November 2007

Wir haben für Mandoline eine neue Besitzerin gefunden. Melanie ist Schülerin von Peggy Cummings, die das Centered Riding entwickelt hat. Melanie hat Mandoline auf einen Workshop mitgenommen. Wir haben Mandoline dort besucht um zu sehen wie sich die beiden verstehen. Offensichtlich verstehen sich die beiden prima, die Stimmung zwischen den beiden ist super. Auch reiterlich kann Melanie sicherlich mehr aus Mandoline herausholen als ich das kann. Wenn ich die zwei zusammen sehe fühlt sich Mandoline überhaupt nicht mehr wie mein Pferd an. Das ist ein sehr komisches Gefühl, aber so kann ich Mandoline wirklich ruhigen Gewissens gehen lassen. Mandoline bleibt noch bis Ende Januar bei uns, da Melanie noch in Urlaub fährt. Dann wir sie umziehen. Ihr neues Zuhause ist nicht weit von uns weg, so daß ich sie besuchen kann. Ich werde auch weiter über sie schreiben können. Ich habe mir das neue Zuhause natürlich angesehen. Bei Melanie wird sie wie bei uns mit Kindern arbeiten. Ich habe mir Melanies Arbeitsweise angesehen und bin davon sehr angetan. Sie arbeitet mit Kleinstgruppen und eben nicht nach FN-Methoden, sondern nach Peggy Cummings und Linda Tellington. Ich bin davon überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Mandoline wird es gut gehen und mit in Melanie jemanden haben, dem sie vertraut.

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