Interview mit Brigitte Favre und Thierry Froidevaux

2. März 2014

FM Hengst Hayden an der Kutsche mit Thierry Froidevaux, étalon FM Hayden attelage avec Thierry Froidevaux

Mandoline: Brigitte, du hast an der Schweizerischen landwirtschaftlichen Hochschule Pferdewissenschaften studiert. Welche Ziele hast du damit verfolgt?

 

Brigitte:  Ich habe nach der obligatorischen Schule das Gymnasium absolviert, die Matura gemacht. Eigentlich wollte ich immer Bereiterin werden, aber meine Eltern motivierten mich, mit der Schule weiterzumachen. Erst danach habe ich im Nationalgestüt die Lehre als Bereiter begonnen und auch abgeschlossen. Im Nationalgestüt hat es mir sehr gefallen, aber ich wollte eher nicht in einem Sportstall mit Korrekturpferden arbeiten. Ich überlegte mir, mich nicht ausschließlich auf das reiterliche Know-how zu konzentrieren, sondern mich breiter aufzustellen. Gleichzeitig lernte ich Thierry im Gestüt kennen, der dort eine Lehre als Hufschmied absolvierte. Ich war viel bei ihm zu Hause auf dem Hof. Daher interessiert mich auch die Agronomie. So kam es zu dem Entschluss, mich nicht ausschließlich auf den Job als Bereiter zu konzentrieren. Mein einjähriges Praktikum absolvierte ich bei Patrick Gigon dem ehemaligen Besitzer des FM Hengstes L’Artiste. Dort half ich beim Ausbilden der jungen Pferde und bekam zum ersten Mal einen Einblick in die züchterische Seite der Pferde- und auch der Mutterkuhhaltung. Den Einblick in die Sichtweise des Gestütes, die Hengsthaltung kannte ich bereits von meiner Ausbildung im Nationalgestüt. Danach konzentrierte ich mich auf das Agronomie-Studium und den Major in Pferdewissenschaften um im Job bessere Möglichkeiten zu bekommen und trotzdem mit Pferden arbeiten zu können. Ich spielte auch mit dem Gedanken Tierärztin zu werden, da mich eine beratende Tätigkeit immer interessiert hatte. Haltung, Fütterung und Gesundheitsprophylaxe interessierten mich am meisten, damit die Tiere gar nicht erst krank werden. Darum habe ich dann die Agronomie gewählt.

Mandoline: Kannst du das Wissen, das du in deinem Studium erlangt hast heute anwenden?

 

Brigitte:  Es ist natürlich so wie in jedem anderen Studium auch. Manche Dinge sind wirklich interessant, die nimmst du mit, andere sind nicht extrem nützlich. Da ich von der praktischen Seite kam, war es für mich etwas einfacher. Was die allgemeinen Agronomie Kenntnisse angeht, habe ich sicher extrem von dem Studium profitiert, da die Hochschule eben auch sehr praxisorientiert ist. Für den Futteranbau ist das wirklich sehr nützlich, da man da ohne ein Studium eher schwer an die grundlegenden Kenntnisse herankommt. Am Tierspital in Bern hatten wir viel Unterricht in Anatomie und Pathologie. Wir haben tatsächlich auch selber seziert. In Avenches hatten wir in der Klinik Fortpflanzung und lernten unter anderem selber Hengste abzusamen. Dadurch waren die Kenntnisse sehr umfassend. Die Genetik war interessant, so wie auch die Verhaltensforschung. Ein Jahr lang hatten wir Ethologie, was natürlich gerade beim Stallbau sehr hilfreich ist. Eine Tierärztin die auf Verhaltenstherapie spezialisiert ist, sie hat auch im Zirkus Monty an Freiheitsdressur gearbeitet, hat viel praktisch mit uns gearbeitet, das war wirklich super toll. Bei einer Tierärztin aus Zürich hatten wir das Fach Fütterung, dort haben wir ein Jahr lang wirklich alles analysiert, Fütterungspläne erstellt usw.

Mandoline: Welche Ziele hattest du nach dem Studium und konntest du diese Ziele mit Hilfe des Studiums realisieren?

 

Brigitte:  Mein Ziel war es immer eine beratende Tätigkeit in der Pferdebranche auszuüben, das Wissen weiterzugeben. Besonders die Gesunderhaltung liegt mir am Herzen. Dabei spielt natürlich auch das Training eine Rolle. Eine Zeit lang habe ich beim Zuchtverband im Büro gearbeitet. Dabei merkte ich schnell, dass es wirklich schwierig ist das Wissen einzubringen, da diese Dinge bei der täglichen Büroarbeit doch untergingen. An die wirklich interessanten Projekte auf diesem Gebiet heranzukommen, ist hier in der Schweiz sehr schwierig. Als wir diesen Hof in Saignelégier ausgeschrieben sahen, bewarben wir uns zusammen um die Pacht. Unser Ziel ist es immer noch zu beraten. Um mich dort noch breiter aufzustellen, habe ich kürzlich noch eine Ausbildung in Tierakupunktur begonnen, die ich in diesem Jahr abschließen werde. Ich merke, dass wir so langsam diesen Weg einschlagen können. Wir setzen das natürlich auch mit unseren Tieren so um.

Mandoline: Thierry du hast am Nationalgestüt deine Ausbildung als Hufschmied erfolgreich abgeschlossen. War Hufschmied dein Traumberuf?

 

Thierry:  Als ich aus der Schule kam war Hufschmied nicht sofort mein Traumberuf. Ich schloss erst eine Ausbildung als Metallbauschlosser ab. Ein Praktikum im Gestüt hat mir sehr gefallen und daraufhin ließ ich mich dort als Hufschmied ausbilden. Mit Pferden bin ich seit meiner Kindheit vertraut, mein Vater und mein Großvater züchteten bereits Freiberger. Dort hielt ich immer für den Hufschmied die Hufe auf. Ich hatte also von klein auf eine Beziehung zu Metall und zu Pferden. Holz sagt mir nichts aber Metall ist meine Materie.

Mandoline: Arbeitest du zur Zeit als Hufschmied?

 

Thierry:  Ich arbeite zu 40% als Hufschmied und den Rest als Landwirt auf unserem Hof. Die 40% gehen sehr gut, zumal ich mich auf alte Pferde und Spezialbeschläge spezialisiert habe. Dadurch kann ich mir für jedes Pferd die Zeit nehmen, genau zu hinzusehen und den Spezialbeschlag passend anzufertigen.

Mandoline: Brigitte, du hast eine Zeit lang beim Zuchtverband gearbeitet. Wie kam es dazu?

 

Brigitte:  Noch während meines Studiums begann ich dort zu arbeiten. Als die Stelle ausgeschrieben wurde, wollte ich diese Chance beim Freiberger zu arbeiten unbedingt nutzen. Als ich anfing, waren gerade kein Geschäftsführer und kein Präsident da. Es gab niemanden, der mich einarbeiten konnte. Während meiner zweimonatigen Studienferien arbeitete ich 100% und während des Semesters 30% auf dieser Stelle. Das war schon recht happig, denn es gab niemanden außer mir, der für diese Stelle (Herdenbuch) angestellt war. Meine Vorgängerin hatte ganz aufgehört. Stundenmäßig reichten die 30% natürlich nicht aus, um die Arbeit abzudecken. Nach dem Studium arbeitete ich noch 2 Jahre zu 60%, bis 2012 dort. Seit dem arbeite ich selbständig auf unserem Hof.

Mandoline: Was ist das Interessante am Freiberger, im Gegensatz zu anderen Pferderassen?

 

Thierry: Ich weiß es nicht..., nein Scherz beiseite. Ich bin sozusagen da hineingeboren und mit den Freibergern aufgewachsen. Es ist eine so vielseitige Rasse. Man kann ein bisschen Fahren und Reiten und ich liebe besonders die Zucht. Es gibt noch so viel Entwicklungspotential in der Rasse. Das motiviert mich, weiter zu machen und meine Ziele dort weiter zu verfolgen. Ich kann so die Traditionen unserer Familie, von meinem Großvater und meinem Vater weiterführen.

Brigitte: Bei mir war es etwas anders. Ich bin mit Warmblütern aufgewachsen, habe auf Sportpferden reiten gelernt. Ich habe das Nationalgestüt am Anfang auch nicht wegen den Freibergern gewählt, sondern wegen der breiten Ausbildung. Man konnte Voltige machen, Dressurreiten usw. Die guten Arbeitsbedingungen waren natürlich auch interessant. Gute Arbeitsbedingungen sind in diesem Ausbildungsberuf auch nicht immer gegeben. Erst mit dem Gestüt habe ich den Freiberger richtig kennengelernt und festgestellt, dass das super tolle Pferde sind. Sie sind einfacher als die Warmblüter, man kann aber genauso viel, manchmal fast mehr mit ihnen machen, auf jeden Fall mehr als mit einem schlechten Warmblut. Die Begeisterung für die Rasse wurde so bei mir geweckt. Mit der Beziehung zu Thierry kam ich in den Jura und da fing ich an mich so richtig für die Hengstkörungen zu interessieren. Meine Maturaarbeit hatte ich über die Körung des Schweizer Warmblutpferdes geschrieben, zuchtinteressiert war ich auch schon vorher gewesen, aber die richtige Begeisterung für den Freiberger kam dann wirklich mit dem Gestüt und mit Thierry und seiner Familie. Das Nationalgestüt macht da wirklich einen sehr guten Job in der Darstellung des Freibergers als polyvalentes Pferd. In meiner Reitschule gab es auch ein zwei Freiberger, aber das waren dann doch eher die typischen Modelle. Diese sehr gemütlichen Pferde haben mich nicht wirklich interessiert. Als ich die Pferde im Gestüt geritten bin, merkte ich, dass das Pferde zum Verlieben sind. „ach ja die sind ja rittig, ach ja die können ja auch springen, eine Dressurprüfung ist gar kein Problem“

Mandoline: Thierry, welcher Freiberger war in deiner Kindheit dein Lieblingspferd.

 

Thierry:  Das war der Freibergerhengst Highwood. Ich war und bin einfach sehr am Freiberger interessiert. Ich habe immer viel mit den jungen Pferden gearbeitet. Highwood war der erste Hengstanwärter unserer Familie. Er ist bei uns auf die Welt gekommen, ich war ungefähr 12 Jahre alt und ich wollte ihn unbedingt behalten und als Hengst aufziehen. Wir hatten immer 2 Stuten und 2 Fohlen und haben die Hengstfohlen eigentlich nie aufgezogen, aber weil ich eine so enge Beziehung zu Highwood hatte behielten wir ihn. Die Faszination an Highwood hat sicher auch mit seiner Farbe zu tun. Er war ein kleiner Havane, ein dunkler Fuchs, viermal weiß gestiefelt, also nicht unbedingt das, was man im Moment in der Zucht sucht. Damals gab es diese Diskussionen über die weißen Abzeichen nicht. Der Charakter war auch super, mit 3 Wochen habe ich ihm das Halfter angezogen und bin mit ihm ohne die Stute spazieren gegangen.

Mandoline: Was war euer schönstes Erlebnis mit einem Freiberger?

 

Brigitte:  Zu den schönsten Momenten gehören natürlich die Momente wenn die Fohlen da sind. Wenn ich einen ganz bestimmten Moment auswählen soll, dann ist das sicherlich die Körung von Hayden. Es ist unser erster gemeinsamer Hengst und der Weg war nicht ganz einfach. Der Hengst wurde wegen der weißen Abzeichen immer kritisiert, es hieß oft es ginge bei ihm nur um die Farbe. Ich bin wirklich stolz auf ihn, dass er den Stationstest so gut gemeistert hat und zeigen konnte, dass er eben nicht nur toll aussieht sondern auch etwas kann. Als wir das dann geschafft hatten, war das ein unvergesslicher Moment.

Mandoline: Was war euer schwierigstes Pferd?

 

Thierry:  Für mich war das ein Hengstanwärter, der in Glovelier den 3. Platz gemacht hat aber den Stationstest nicht bestanden hat. Er war ein ganz liebes Pferd, ein richtig braves Pferd. Aber für ihn war der Stationstest zu hart, er hat die 40 Tage nicht verkraftet und war total überfordert. Es war ein Pferd das ganz toll mitgearbeitet hat. Das schwierige daran war anschließend wieder mit dem Pferd zu arbeiten, der war wirklich kaputt. Er hatte Panik vor dem Fahren und es war extrem schwierig ihn wieder auf die richtige Schiene zu bekommen. Wir haben oft Pferde zur Ausbildung und da gibt es sicher immer mal welche, die gerade zu Beginn schwieriger sind. Bei diesen Pferden weiß man natürlich nie ob schon etwas mit ihnen gearbeitet wurde und wie viel. Aber wenn man richtig mit ihnen arbeitet und sie dabei nicht überfordert und sie so nimmt wie sie sind, kann man grundsätzlich, denke ich gerade beim Freiberger sagen, dass es gar nicht das schwierige Pferd gibt.

Mandoline: Wenn ihr euch eine perfekte Zuchtstute basteln könntet, was würde diese Stute ausmachen?

 

Thierry:  Das erste auf das ich schaue ist der Typ. Ein Kopf mit viel Ausdruck, im mittleren Typ, nicht zu leicht, aber auch nicht zu schwer. Eine Stute die gut im Freibergertyp steht. Eine Stute muss nicht perfekt sein, sie darf kleiner Fehler haben. Für mich muss ein Pferd Chic und einen super Ausdruck haben. Dafür schaue ich auch über kleinere Fehler hinweg. Das ist mir lieber als eine Stute, die zwar keine Fehler hat aber keinen Ausdruck. Ziel wäre es auch eine Stute zu haben, die aus einer Linie stammt, die vielleicht gerade nicht in Mode ist und aus so einer Linie das Gute herauszusuchen, und genetisch einen guten Wert zu haben.

Mandoline: Was genau macht den sprichwörtlich guten Charakter beim Freiberger aus?

 

Brigitte:  Das sieht man wirklich schon beim Fohlen. Ob es offen auf den Menschen zugeht, neugierig ist und sich auch anfassen lässt. Es soll natürlich nicht einfach nur so da stehen.

Thierry:  Die Person die wirklich sagen kann, wie ein Pferd wirklich ist, ist derjenige, der mit dem Pferd arbeitet. Derjenige kann sagen das Pferd ist eher heißblütig oder kaltblütig.

Mandoline: Was müsste an dem Verhaltenstest verbessert werden?

 

Brigitte:  Es gibt viele Verhaltensstudien in denen erforscht wird welches Verhalten genetisch fixiert ist. Mit diesen Forschungen ist man erst am Anfang. Viele Studien beschäftigen sich mit dem Lernverhalten der Pferde. Meine Bachelor Arbeit habe ich über das Lernverhalten von Pferden geschrieben. Die Studien die dem Feldtest zu Grunde liegen, kommen aus Frankreich. Um das angeborene Verhalten wirklich zu beurteilen, müsste man konsequent diesem Test folgen und dann auch bei der Arbeit beurteilen. Das auf eine Situation wie den Feldtest zu übertragen ist sicher extrem schwierig. Oft ist es so, dass gerade mit einem Pferd das zu Hause ganz unkompliziert ist an einem Feldtest plötzlich eine blöde Situation entsteht. Ich glaube der wichtigste Bestandteil der Selektion ist immer noch die Eigenverantwortung des Züchters.

Thierry:  Auch wenn der Test keine wirklich signifikanten Aussagen zulässt, so ist er doch ein wichtiges Instrument des Marketings. Wichtig wäre es die Richter so auszubilden, dass sie auch beim Reiten und Fahren ein charakterlich gutes Pferd beurteilen können. Dies sollte auch vermehrt beim Stationstest bei den Hengsten zur Anwendung kommen.

Brigitte:  Trotzdem denke ich, dass es ein Charaktertest ist dass die 3-jährigen am Feldtest Reiten und Fahren müssen. Das ein dreijähriges Pferd das leisten muss ist ein Charaktertest. Wenn ein Pferd das nicht leisten kann, ist es im Charakter auch nicht 100%ig.

Mandoline: Welches züchterische Experiment würde euch reizen?

 

Thierry:  Ich persönlich fände es gut, wenn viel mehr Hengste angekört würden, so dass die Züchter in ihrer Wahl viel freier wären. So könnte man einem Hengst die Chance geben, der vielleicht nicht ganz perfekt ist, aber vielleicht genetisch interessant. So wäre man genetisch breiter und könnte in der Population genetisch vielfältiger sein. Wir teilen nicht die Meinung, dass es schon zu viele Hengste gibt, sondern möchten eine größere Wahlfreiheit für die Züchter, anstatt dass der Verband den Züchtern sagt, was sie wählen können und müssen.

Brigitte:  Wir würden den Stationstest so nicht mehr durchführen. Wir würden die Züchter ihre Hengste selber vorbereiten lassen. Ein Test muss natürlich trotzdem sein, so wie der Feldtest für alle 3-jährigen. Wenn ein Hengst ihn nicht besteht wäre er natürlich raus. 5jährig würden wir einen zweiten Test vorschreiben. Die Hengste müssten so auch später nochmal in der Arbeit gezeigt werden. Wenn auch Stuten an dem Test teilnehmen könnten wäre das auch ein Charaktertest für die Hengste.

Mandoline: Ihr habt in diesem Jahr einen Hengstanwärter von Redaktor in Glovelier vorgestellt. Was hat euch an ihm überzeugt?

 

Thierry:  Er ist einfach super cool und sympathisch. Rino haben wir erst im Herbst vor der Körung gekauft. Er war aber immer über den Sommer bei uns in der Aufzuchtgruppe. Über den Winter war er bei seinem Besitzer. Der Besitzer wollte ihn nicht kastrieren, weil er an Rino geglaubt hat. Uns hat er wirklich sehr gut gefallen, sehr viele Redaktornachkommen gibt es ja nicht, darum hatten wir auch noch nicht sehr viele gesehen. Weil er uns als Modell gut gefiel, entschieden wir uns das zu versuchen. Er war wirklich sehr brav, wenn er über den Sommer hier war. Auch in der Vorbereitung für Glovelier beim Einreiten überzeugte er uns charakterlich. Er ist auch von der Abstammung sehr interessant, da es wenig Redaktornachkommen gibt und in seinem Pedigree keine der verbreiteten Linien enthalten ist.

Mandoline: Was ist euch bei der Fohlenaufzucht wichtig?

 

Brigitte:  Sicher die Bewegung, dass sie viel rauskommen und miteinander spielen können. Im Sommer haben wir sie fast 24 Stunden draussen. Wir mischen sie auch altersmäßig. Die ein- und zweijährigen Hengste kommen gemeinsam raus. Bei den Stuten laufen auch die älteren mit den ganz jungen in der Gruppe. Trotzdem ist uns der Kontakt zu uns sehr wichtig. Wir gehen oft in die Gruppe und streicheln die Pferde. Unsere Fütterung ist sehr rauhfutterbasiert. Sicher bekommen sie auch Mineralfutter, aber immer nur das Nötigste. Der Freiberger ist ein sehr guter Futterverwerter. Wir füttern sie mit Absicht extensiv, da wir keine schnelle zu starke Entwicklung fördern wollen. Wir fördern so die Spätreife. Wir haben auch Warmblutstuten und bei deren Fohlen ist die Fütterung schon etwas anspruchsvoller, da sie ihr Gewicht halten, aber trotzdem nicht in die Höhe schießen sollen.

Mandoline: Der Freiberger ist Bestandteil der bäuerlichen Lebensweise und der Traditionen in der Schweiz. Ist das noch so und wird das so bleiben?

 

Brigitte:  Das ändert sich gerade ein bisschen, durch die neuen Anforderungen der Tierschutzverordnung. Gerade in der Deutschschweiz haben viele noch ein oder zwei Stuten mit denen sie züchteten. Sie haben das auch nicht unbedingt schlecht gemacht. Durch die neuen Gesetze könne einige jetzt nicht mehr züchten, so dass wir dort sicher einige Liebhaber und Traditionalisten verlieren. Im Jura ist die Freibergerzucht kantonal wichtig und wird das auch bleiben, auch wenn das nicht immer und aktuell schon gar nicht ganz einfach ist. Aber im Jura ist der Freiberger so verwurzelt, das es auch so bleiben wird. Schweizweit sehe ich schon ein bisschen eine ähnliche Tendenz wie beim Warmblut, dass es vom bäuerlichen weggeht in Richtung Freizeitzüchter. Der Freizeitzüchter selektioniert wahrscheinlich auch anders als ein bäuerlicher Betrieb. Ein Freizeitzüchter wird das Fohlen seiner Stute aufziehen egal, was dabei herauskommt. Es ist für uns manchmal schwierig mitzuerleben, dass auch wenn wir versuchen nicht zu viele Fohlen zu ziehen, Qualität in die Metzgerei geht und jemand behält sein schlechtes Fohlen. Ich verurteile diese Leute aber nicht, da ist jeder frei.

Mandoline: Was ist euer Vision vom Freiberger in 15 Jahren?

 

Thierry:  Der Verband, mit seinen Führungskräften, ist sehr sehr offen und sieht alles ein bisschen größer. Man holt sich Ideen bei anderen Rassen und deren Verbänden. Ich sehe auf den Veranstaltungen der Warmblutzüchter nie jemanden vom Verband, dabei kann das sehr interessant sein. Die Stutenpopulation würde sich auf 3000 Stuten einpendeln. Es gibt eine echte Selektion, weil man einen guten Preis für Schlachttiere bekommt. Man kann den Kunden gute Qualität zu einem korrekten Preis anbieten. Mein Wunsch wäre ein Prüfungsmodus für die Pferde der Züchter, vielleicht etwas anspruchsvoller als der Feldtest, auf der ein Pferd seine Talente und seine Vielseitigkeit zeigen kann ohne dass es auf eine sportliche Schiene hinausläuft, so wie das mittlerweile bei den Jungpferdeprüfungen im Fahren der Fall ist. Ein kleiner Züchter kann die inzwischen sehr professionellen Prüfungen nicht finanzieren. Dieser Aufwand ist von einem Amateur nicht mehr zu leisten. Man muss schon ein Vollprofi sein, um dort mitzuhalten. Schön wäre eine Kategorisierung in Profis und Amateure. Bei so einer „Promotion d’éleveur“ könnte man sich treffen und austauschen, die Pferde in ihrer Vielseitigkeit und Qualität zeigen. Wir stellen uns so etwas wie ein Gymkhana mit einer kleinen Dressurprüfung vor, oder so etwas wie der Multitest beim Fahren. Eine kleine Dressuraufgabe mit ein paar integrierten Toren, etwas das nicht vom Sportverband organisiert wird, sondern vom Zuchtverband.

Mandoline: Was wünscht ihr euch vom Zuchtverband?

 

Thierry:  Die Zusammenstellung der Funktionäre sollte besser durchmischt sein. Sie sollten aus unterschiedlichen Gegenden und Millieu kommen.

Brigitte:  Ich würde mir wünschen, dass man mehr auf die Basis hört, die Züchter ernst nimmt. Wir Züchter haben im Alltag schließlich mit den Pferden zu tun. Ich habe manchmal das Gefühl in meiner Funktion als Züchter als unwissend abgestempelt zu werden. Es gibt sicher viele Züchter, die auch eine akademische Ausbildung haben oder zumindest auch gut informiert und interessiert an der Genetik und dem Zuchtgeschehen sind. Erklärungen seitens des Zuchtverbandes erfolgen oft nur sehr oberflächlich. Jahrelange Erfahrung oder gar generationenübergreifendes Wissen ist genauso wichtig wie aktuelle Forschungsergebnisse, daher wäre eine Mischung das Ideal. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir ein Pferd für den Nutzer produzieren. Es wäre schön, wenn es mehr miteinander ginge anstatt gegeneinander, auch unter den Züchtern. Es war zum Beispiel nicht möglich in der Vereinigung der Hengsthalter eine gemeinsame Linie festzulegen.

Thierry:  Die Herausforderung besteht darin, dass man als Züchter eine gewisse Freiheit braucht, aber man die Identität der Rasse nicht verlieren darf und daher eine Linie vorgegeben sein muss.

Mandoline: Wo habt ihr den Freibergerhengst Hayden zum ersten Mal gesehen?

 

Thierry:  An der Fohlenschau. Sein Chic hat mich natürlich sofort überzeugt. Und seine weißen Abzeichen, die natürlich am Limit sind stellten eine Herausforderung dar. Uns wurde eher abgeraten ihn als Hengstanwärter vorzustellen.

Mandoline: Hat Hayden eine Eigenart?

 

Brigitte:  Er zieht sich immer sein Halfter aus. Da kannst du machen was du willst. Wir haben einen kleinen Transporter und am letzen Final, stand er ohne Halfter im Transporter, hatte die Aufteilung des Transporters demontiert und alles umsortiert und ging in dem Chaos spazieren.

Mandoline: Gibt es etwas das ihr an Hayden verbessern würdet?

 

Brigitte:  Ich hätte ihn gerne manchmal weniger hengstig, an manchen Tagen interessiert er sich gar nicht für Stuten und an anderen schaut er schon mal ganz gerne nach einer hübschen Stute. Er mag gerne hübsche graue oder Schimmelstuten.

Thierry:  Mir gefällt er so wie er ist. Die Kombination des Blutes ist auch interessant.

Mandoline: Was macht die H-Linie so erfolgreich?

 

Thierry:  Sicherlich tragen die besonderen Farben und Abzeichen auch zum Erfolg bei. Bei dem Zweig der H-Linie, die durch Hendrix/Hulax geprägt ist, gibt es oft sehr schöne Modelle, sehr gut im Typ und modern. Der Zweig von Halliday war eine Zeit lang fast verschwunden. Die Nachkommen von Hobby sind charakterlich einfach sehr gut. Oft entstehen so gute Produkte in einer so großen Anzahl dann, wenn ein Hengst optimal zu einer Stutenpopulation passt. So entsteht eine bewährte Linienkombination. Ich bin gespannt auf die Zukunft, vielleicht erleben wir noch Überraschungen wenn so eine Kombination noch einmal entsteht. Für uns bringt die Kombination Q auf C sehr gute Produkte.

Mandoline: Für welche Stute ist Hayden die perfekte Wahl?

 

Thierry:  Für eine Stute mit einem guten langen Hals, guter Kruppe und gutem Sprunggelenk. Wir können nicht sagen, dass die Fohlen besonders groß sind. Er selber ist eher lang im Rücken, bei den Fohlen haben wir das nicht wiedergefunden. Sicher ist eine Stute mit diesem Problem nicht unbedingt die beste Wahl. Eine Stute die Raumgriff mitbringt ist eine gute Kombination zu den elastischen Gängen Haydens, die nicht ganz so viel Raumgriff haben.

Mandoline: Was wünscht ihr Hayden für die Zukunft?

 

Thierry:  Ich wünsche ihm, dass er gute Zuchtstuten hinterlässt.

Brigitte:  Ich wünsche ihm dass die Züchter mit seinen Produkten weiterhin so zufrieden sind. Wir haben im letzten Jahr viel positive Rückmeldung gehabt. Die Fohlen sind sehr brav und haben den Züchtern Freude gemacht.

 

FM Hengst Hayden unter dem Sattel mit Brigitte Favre, étalon FM Hayden avec Brigitte Favre

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