Die landwirtschafliche Schule Schwand und ihre Rolle in der Freibergerzucht

Interview mit Fritz Brönnimann:

Zur Rolle der landwirtschaftlichen Schule Schwand in der Freibergerzucht

Die Geschichte des herrschaftlichen Gutes Schwand, am Waldrand zwischen den beiden Dörfern Rubigen und Münsingen gelegen ist historisch dokumentiert. Seit 1405 war der Teil mit Burg im Besitze des Geschlechtes vom Stein. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Gut immer wieder veräußert und weitervererbt. Unter den Besitzern waren Landvogte, die Familie von Herrenschwand, die Familie Steiger als auch der Bäcker Karl Rudolf Hartmann. Die Treppe zum Keller trägt die Jahreszahl 1758. Zu diesem Zeitpunkt lies Gottlieb Steiger ein Haus dort errichten. Friedrich Franz Ludwig Morlot, welcher als letzter bernischer Landvogt zu Erlach regierte, liess nach 1782 im Schwand den heutigen Herrenstock am Waldrand bauen. Architekt des Landsitzes war Carolus Ahasver von Sinner (1754-1821), der verschiedene Berner Landsitze entwarf und baute. Im Jahre 1911 veräusserten, die letzten Erben, die beiden Brüder Franz Rudolf und Sigmund Friedrich von Erlach, das Schwand-Gut mit Land und Wald dem Staat. (Quelle: http://www.g26.ch/bern_campagne_28.html)

1913 initiierte der Große Rat die Gründung der landwirtschaftlichen Bildungsanstalt Schwand. Hier wurden die jungen Landwirte ausgebildet und auch Fort- und Weiterbildungen angeboten und Prüfungen abgenommen. Außerdem erfüllte der Schwand eine wichtige Rolle als Versuchsanstalt. Es gab zum Bespiel Sortenversuche für neue Getreide-, Kartoffelsorten und Sortenprüfungen (bevor die neuen Sorten aufgenommen wurden.), aber auch Rassenkreuzungen beim Rindvieh oder Embriotransver.

Die bäuerliche Pferdezucht hatte Anfang 1970 ein Tief. Darum förderte der Bund die Pferdezucht gezielt mit Zucht- und Ausbildungsprämien woraufhin sich ein Zuwachs ergab. In dieser Situation bekam der Schwand den Auftrag vom Bund, regional die Pferdezucht zu fördern. Das beinhaltete praktisch die Bereitstellung von Zuchthengsten. Der Schwand war damit die einzige landwirtschaftliche Bildungsanstalt der Schweiz, an der Pferdezucht und Haltung gelehrt und praktiziert wurde. Die Lage in einer Umgebung die zur Ausbildung junger Pferde gut geeignet war und das gute Land das zum Schwand gehörte, begünstigte Haltung damit die Zucht, aber auch die Ausbildung der jungen Pferde. Zwar waren (bis heute) weder Reithalle noch Sandplatz vorhanden, aber die Arbeit in dem anspruchsvollen Gelände kam den Pferden zu gute. So war und ist es zum Bespiel möglich die Pferde auf vielen Waldwegen zu fahren, dies bewirkt eine natürliche Kanalisation. Aber auch der Kleinstadtverkehr ist nicht weit. Es waren auch genügend Ställe für eine größere Zahl an Pferden vorhanden. Das eigentliche Erfolgsrezept war jedoch die Begeisterung der Belegschaft, die aus dem Betriebsleiter Hansruedi Biggler , Fritz Gfeller (Jungpferdeausbildung, Schwerpunkt Fahren) und Fritz Brönnimann (Jungpferdeausbildung, Schwerpunkt Reiten) bestand. Diese Begeisterung konnte auch an die jungen Landwirte weitergegeben werden. Die landwirtschaftliche Bildungsanstalt konnte sich so zu einem überregionalen Zentrum für Freiberger entwickeln.

Die gute Infrastruktur ermöglichte es dem Schwand, nicht nur 2-3 eigene Stuten und 2 Hengste zu halten, sondern auch die Nachzucht bis 3-jährig aufzuziehen. Die Stuten wurden in der Lehranstalt nicht nur zur Zucht eingesetzt sondern halfen beim Einfahren der jungen Pferde, traten ihren dienst als Lehrmeister in Fahrkursen und für Arbeiten im Wald an. Mit genug gutem Land ausgestattet war es möglich nicht nur die 2-3 selbstgezogenen Fohlen zu behalten sondern die Fohlengruppe mit weiteren zugekauften Fohlen aus der Region zu erweitern. Die Aufzuchtgruppen bestanden aus 6-8 Fohlen bzw. Jährlingen. Schon den Saugfohlen widmete sich Fritz Brönnimann intensiv. Hufe aufhalten, Gewöhnung ans Halfter und Führen stand auf dem Stundenplan. Als Absetzer konnten die Fohlen erst einmal eine unbeschwerte Zeit verleben. Die Fohlen erzogen sich in den Aufzuchtgruppen gegenseitig, allerdings wurden sie regelmäßig angebunden. Herr Brönnimann beobachtete, dass es immer das dominante Pferd einer Aufzuchtgruppe war, das schon mal Schwierigkeiten machte. Zu dieser Zeit gab es den Feldtest in seiner heutigen Form noch nicht, stattdessen wurden die Pferde im Zug geprüft. Aus dieser Zugprüfung entwickelte sich später die heutige Form des Feldtests. Die Mitarbeiter des Schwand`s bereiteten ihre Remonten selber auf die Fahrprüfung vor. Das hatte viele Vorteile, der Schwand konnte sich durch die solide Ausbildung der Pferde profilieren und die Nachkommenschaft konnte reell beurteilt werden. Obwohl es zu dieser Zeit noch keine Jungpferdereitprüfung gab, legte man auf dem Schwand auch besonderen Wert auf die reiterliche Ausbildung der Remonten. Die Arbeit unter dem Sattel befruchtete die Ausbildung des jungen Freibergers am Wagen. Durch die gemeinsamen Erlebnisse fassten die Pferde Vertrauen zu ihrem Ausbilder, das Pferd fühlt sich durch das erarbeitete Vertrauen wohl erläutert Brönnimann. Vertrauen ist der Schlüssel zur funktionierenden Partnerschaft zwischen Mensch und Pferd. Die Ausbildung eines Pferdes ist wie das Erlernen des Alphabets, man muß Schritt für Schritt gehen und darf keinen Buchstaben überspringen, sagt Brönnimann in unserem Gespräch. Diese Grundsätze wurden bei der Ausbildung der Remonten immer beherzigt. Schon damals war die Zucht auf dem Schwand auf die Zucht eines Freibergers als Freizeitpartner ausgerichtet. Dafür suchte man Hengste, die trotz überdurchschnittlicher Ganganlagen über einen ruhigen Charakter und einen klaren Kopf verfügten. Ein Pferd muß auch mal stehen können. Solche Pferde waren laut Brönnimann Leader und Quinto. Für die Auswahl der Hengste war Herr Biggler zuständig. Er war allseits als absolute Koryphäe auf dem Gebiet der Zucht anerkannt. Mit oberflächlichen Auskünften gab er sich nicht zufrieden, ging jedem Hinweis nach und bildete sich immer selber eine Meinung. Schon die 1 ½ Jährigen Hengstkandidaten sichtete Herr Biggler. Er hatte so einen exzellenten Überblick über die Szene und konnte früh sein Interesse an einem Junghengst anmelden. Bis 1996 war Herr Biggler Betriebsleiter, nach seinem Tod 1996 übernahm Herr Bönnimann 1997 (seit 1990 auf dem Schwand) diese Stellung. Er behielt den gemeinsamen Kurs bei. Der Schwand konnte relativ frei entscheiden, musste sich lediglich an die Herdenbuchordnung halten. Durch seine überschaubare Größe blieb allerdings nicht so viel Raum für Experimente, man war ein Modellbetrieb und sollte den Züchtern der Umgebung als Vorbild dienen, und so die Zucht fördern. Von den zwei Hengsten die immer auf dem Schwand gehalten wurden, war einer im Besitz des Schwands. Der andere Hengst war der Genossenschaftshengst und lediglich auf der Deckstation eingestellt. Man wollte immer das ganze Spektrum des Freibergers vertreten und zur Verfügung stellen, hatte man einen Fuchshengst suchte man als zweiten einen Braunen Hengst. War der sportliche Schlag schon vertreten, suchte man einen Hengst des schweren Schlages dazu aus. So konnte der Züchterschaft eine bessere Auswahl ermöglichen. Schließlich nahm man zu dieser Zeit noch keine weiten Wege zum Hengst auf sich. Brönnimann gerät immer wieder ins Schwärmen über die gute Zusammenarbeit und die Begeisterung für den Freiberger, die das Klima auf dem Schwand prägten. Nur durch den großen persönlichen Einsatz der Menschen wurde der Schwand zu dem was er war.

Nach großen Pferdepersönlichkeiten gefragt, nennt Brönnimann die Stuten Arlette und Linda. Arlette 1968 -1996, Vater: Domherr hatte sehr gute Fohlen

Linda von Leader verstarb 19 Jährig und brachte 15 Fohlen (darunter Quarex). Außerdem war sie ein Fahrkurspferd, und half beim Einfahren von insgesamt 60-100 Pferden. Mit großer Zuneigung spricht er von dem Hengst Hurrikan, der unglaublich unkompliziert war und vom Anfang bis zum Ende ein angenehmer Partner war und ausserdem ein großer Sympathieträger. Darauf lässt sich auch sein Erfolg zurückführen meint Herr Brönnimann. Zugute kam ihm natürlich auch die gute Phase in der sich die Zucht zu seiner Zeit befand.

Auch Quinto war einer der Hengste die Biggler für den Schwand gekauft hat. Eigentlich hatte man Interesse an Quitus gehabt, aber den Zuschlag nicht bekommen. Mit Quinto war man dann aber sehr zufrieden, wie übrigens mit allen Hengsten die Herr Biggler aussuchte. Seine Nachzucht zeichnete sich durch Farbe, Ausdruck, Gang, Sensibilität aus. Leider hatte Quinto nicht den Erfolg den er hätte haben können, da die Hengste der Q-Linie zu diesem Zeitpunkt schon einen umstrittenen Ruf hatten. Brönnimann bedauert dies. Insbesondere da er selber die Leistungsbereitschaft der Quinto Nachzucht bewundert.

Zur Blütezeit war das Bildungszentrum auf dem Schwand ein Zentrum der Freibergerzucht. Es fanden Zuchtschauen, Kurse, Verkaufsschauen, Feldtest, Fahrprüfungen, Brevets (Fahrabzeichen), Fahrturnieren und andere Pferdesportveranstaltungen dort statt. Weitere Institutionen der Freibergerzucht dieser Zeit waren das Nationalgestüt in Avenches, das Gestüt Belleley und die EMPFA (heute NPZ Bern). Während man im Nationalgestüt Avenches durch die herausragende Stellung und der damit einhergehenden wirtschaftlichen Unabhängigkeit auch mal züchterisch experimentieren konnte, passte man sich auf dem Schwand den Erfordernissen an. Die EMPFA war für die Ankäufe des Militärs zuständig.

2001 kam der Wendepunkt, die Genossenschaft gab ihren letzten Hengst (Luxeur) auf. Die große Zahl der erfolgreichen Privathengste macht die Haltung eines Genossenschaftshengstes unwirtschaftlich. Ende 2003 schreibt der Kanton Bern die Liegenschaft Schwand samt Landwirtschaftsbetrieb zum Verkauf aus.

Die Bildungsanstalt wurde geschlossen. In den ehemaligen Schulräumen sind nun das Fischerei- und Jagdinspektorat und die kantonale Naturschutzverwaltung. Der Gutsbetrieb ging im Baurecht an die Familie Siegenthaler. Bis heute ist Herr Bönnimann der Freibergerzucht auf dem Schwand treu geblieben, wenn auch als eigenständiger Pferdezüchter. Wir hoffen und wünschen der Familie Bönnimann auf ihrem weiteren Weg viel Mut und Erfolg.

 

www.mandoline-fm.de Oktober 2009

 

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