Feldtest Standortbestimmung oder Ausbildungsbeurteilung?

Die Leistungs- und Exterieurprüfung für Jungpferde, der Feldtest, überprüft heute den eingefahrenen und angerittenen 3 jährigen Freiberger. Im Gegensatz zu den Leistungsprüfungen anderer Rassen, soll hier nicht die Leistung, sondern lediglich die Eignung getestet werden. Bei den Freibergern wir sowohl die Eignung zum Fahren und Reiten als auch die Eignung zur Zucht geprüft.

Der Feldtest besteht heute aus einer Exterieurbeurteilung, einem freiwilligen Verhaltenstest, einer Fahr- und einer Reiteignungsprüfung . Die Prüfung findet auf einem Feld oder im Viereck statt.

Der Feldtest hat sich in den letzten Jahrzehnten von einer reinen Zuchtprüfung zu einem Vermarktungselement weiterentwickelt und erweitert.

Bis 1993 wurde das Einspannen und Fahren, meist auf einer kurzen Strecke auf einer Strasse geprüft. Später entwickelte sich der Test dann zum Fahrtest mit Einspannen und Fahrprogramm auf einem Feld oder einem Platz. Bis 1993 war die Exterieurbeurteilung vom Test getrennt. Das Exterieur der Dreijährigen wurde damals erst im Herbst an den Schauen beurteilt. 1994 Fremdfahrer bzw. -Reiter die Pferde direkt nach dem Vorstellen durch den Ausbilder. Diese Neuerung wurde aber schnell wieder abgeschafft. Beim Reiten gab und gibt es kein Programm. Da werden, das Auf- und Absteigen und die Grundgangarten abgefragt.

Prüfungsinhalt seit 2002 (Feldtestreglement)

Der Feldtest umfasst folgende Phasen:

5.1 Lineare Beschreibung und Beurteilung für die Herdebuchaufnahme

5.2 Verhaltenstest (fakultativ)

5.3 Fahren

5.4 Reiten

Alle Teilprüfungen müssen an derselben Veranstaltung abgelegt werden.

(Art. 5 Feldtestreglement)

Der Feldtest aus der Sicht des Züchters und des Zuchtverbandes

Ziel:

„Mit Hilfe des Feldtest werden beim Freibergerpferd Informationen über Exterieur (Typ und Gänge), das Verhalten, die Gesundheit sowie die Fahr- und Reiteignung erfasst. Die Resultate werden für die Selektion der Zuchtstuten, deren Klassierung deren Mütter und Väter sowie zur Ermittlung weiterer zuchttechnischen Daten verwendet.

Der Feldtest dient auch der Förderung der Vermarktung von Jungpferden.“

(Art. 1 Feldtestreglement)

Der Zuchtverband und seine Aufgaben

Eine der Aufgaben des Zuchtverbandes ist es Anforderungen zu bestimmen, die nicht nur der Zucht sondern auch der Vermarktung gerecht werden. Für die Selektion und Bewertung der Freibergerrasse wurden Beurteilungskriterien entwickelt, an denen sich die 3-jährigen messen lassen müssen und die durch Richter und Experten überprüft werden.

Für den Zuchtverband ist der Feldtest eine Standortbestimmung der Nachzucht

Für die Vermarktung und Zucht zentrale Elemente, wie Grundgangarten, Annahme der Hilfen, Verhalten, am Wagen, unter dem Sattel und an der Hand können am Feldtest beobachtet werden. Die Auswertung der Feldtestergebnisse soll es dem Zuchtverband ermöglichen zu überprüfen, wie nah oder fern man zurzeit dem Ziel der Zucht ist. Es stellt sich die Frage wie objektiv beispielsweise die Exterieurbewertungen an den Feldtests sein können. Schließlich handelt es sich bei den Richtern um Menschen, deren Eindrücke und persönliche Geschmäcker zwangsläufig subjektiv sind. Dies ist um so mehr der Fall, da es sich nicht um absolute Messwerte handelt, die hier verglichen werden, sondern um einzelne Eindrücke, die zu ganzen Noten zusammengeführt werden. Wenn also die Beurteilungen zumindest teilweise vom persönlichen Geschmack abhängig sind, lässt sich folglich auch die Effektivität der Rückschlüsse aus den Feldtests bezweifeln. Dies ist ein Problem, mit dem jeder Zuchtverband konfrontiert ist. Offensichtlich ist es jedoch so, dass einzelne Ungerechtigkeiten den Erfolg einer Zucht nicht bestimmen oder gar verhindern.

Nicht erfasst werden soll die Ausbildung und Vorbereitung des Jungpferdes auf den Feldtest.

Es handelt sich um eine Momentaufnahme der Fähigkeiten des Pferdes zu einem bestimmten Zeitpunkt. Eine Momentaufnahme kann auch zu absolut irreführenden Eindrücken führen, wie man selbst auf internationalen Turnieren studieren kann. Zuchtrelevante Daten wie Lernfähigkeit und Kooperationsbereitschaft können nur während der Ausbildung oder in der Arbeit reell erfasst werden. Allgemeines Verhalten in stressigen Ausnahmesituationen kann am Feldtest sicherlich relevant eingeschätzt werden.

Kann der Feldtest dem Zuchtverband tatsächlich Rückschlüsse in Bezug auf Zucht und/oder Vermarktung liefern, wenn nicht klar ist, wie und in welchem Zeitraum die Ausbildung eines Jungpferdes angelegt wurde?

Die Pferde werden nicht roh vorgestellt und so können natürlich auch nicht ausschließlich die naturgegebenen Eigenschaften eingeschätzt werden. Die Qualität der bisherigen Ausbildung ist manchmal durchaus schon erkennbar. Nicht jedem Züchter ist es aber möglich eine erstklassige Ausbildung zu realisieren bzw. zu finanzieren. Die fehlende Ausbildung wiederum sollte keine Rückschlüsse auf mindere Qualität eines dreijährigen Pferdes zulassen.

Das mit den Punktierungen einhergehende Renomé für den Züchter stellt einen nicht unerheblichen Anreiz für die Züchter dar. Dies dient dem Zuchtverband als Instrument mit dessen Hilfe er Trends setzen und so die Zucht beeinflussen kann. Sind die Ergebnisse für den Zuchtverband nicht befriedigend kann er die Schwerpunkte oder Gewichtungen des Feldtests verschieben

Der Feldtest aus der Sicht des Züchter/Pferdebesitzer/Ausbilders

Für den Züchter ist der Feldtest eine Standortbestimmung seiner Nachzucht. Welche Pferde bewertet der Zuchtverband gut, welche weniger gut und warum? Er erfährt wie der Zuchtverband seine Nachzucht beurteilt. Ist er dem Zuchtziel nahe gekommen oder sollte er den eingeschlagenen Weg überprüfen? Wie schneidet sein Pferd im Vergleich zu den altersgleichen ab? Hat er sein Pferd realistisch eingeschätzt? Sind die Ergebnisse des Feldtest signifikant/relevant für die spätere Verwendung? Für das Prestige ist ein gutes Abschneiden am Feldtest sicherlich förderlich, einen guten Verkauf garantiert das alleine aber nicht. War das Pferd auf die Reit- und Fahrprüfung gut vorbereitet?

Der Züchter muss sich die Frage stellen wie viel Zeit und Geld er in die Ausbildung investieren sollte. Dies wird unterschiedlich sein und davon abhängen ob das Pferd bei seinem Besitzer bleibt oder verkauft werden soll. Schließlich muss ein professioneller Betrieb die Wirtschaftlichkeit im Auge behalten, während die Ausbildung eines Pferdes das vom Besitzer im Sport eingesetzt werden soll sicherlich mehr Aufwand rechtfertigt.

Da wir hier von 3-jährigen Pferden sprechen ist aber auch ein zuviel an Ausbildung kritisch zu sehen. Je mehr Ausbildung man am Feldtest vorstellen will desto früher muss die Ausbildung begonnen und desto intensiver muss die Ausbildung betrieben werden. Auch wenn man beim Freiberger gemeinhin von einem frühreifen Pferd spricht, kann wohl nicht von einem voll entwickelten Pferd die Rede sein. Auf Ausbildung zu verzichten heißt aber eine Möglichkeit aufzugeben sich von den Wettbewerbern abzusetzen, und damit einen Wettbewerbsvorteil aufzugeben.

Der Züchter erhält mit den Bewertungspapieren die Bestätigen über die Teilnahme am Feldtest. Wenn ein Freiberger für die Zucht eingesetzt werden soll, braucht es entweder den Feldtest oder die zwei Sportqualifikationen.

Wenn sich der Pferdebesitzer entschliesst nicht am Feldtest teilzunehmen, fällt sein Pferd ins Register und wird damit aus der Zucht ausgeschlossen. Durch zwei Sportqualifizierungen erhält das Pferd einen Pass und wird wieder in die Zucht aufgenommen.

Die Nichtteilnahme an einem Feldtest hat für den Züchter und Pferdebesitzer zur Folge, dass der Weg zum Pass und damit zur Zuchtberechtigung länger und damit auch teurer wird, dass der Markt sich fragt, weshalb der Besitzer sein Pferd dem Test nicht stellt und für Hengst und Zuchtstute keine Daten erhoben werden, die wiederum für die Bestätigung ihrer Zuchtleistung wichtig sind.

Ausbildung/Vorbereitung der Jungpferde auf den Test

Wenn wir vom Feldtest als Element der Qualitätssicherung sprechen, muss erkannt werden, was ein Feldtest für ein Jungpferd bedeutet. Dem Verantwortlichen muss klar sein, was auf das Jungpferd zukommt: eine fremde Umgebung, fremde Menschen, fremde Pferde, fremde Gerüche und Geräusche evntl überraschende Anforderungen, neue aufregende Atmosphäre. Eine Schwierigkeit besteht darin die verschiedenen Prüfungselemente, die an einem Tag abgefragt werden unter einen Hut zu bringen. Welche Voraussetzungen muss ein Pferd für die Teilnahme an einer solchen Prüfung mitbringen? Wie kann man das Pferd entsprechend vorbereiten und fördern. Jedes Pferd bringt seine eigenen körperlichen Voraussetzungen, Eigenschaften und Lernmöglichkeiten mit, die bei der Ausbildung unterschiedlich zum Tragen kommen.

Ziel sollte es sein dem Jungpferd und zukünftigen Zucht-, Freizeit-, und Sportpferd eine gute Erfahrung auf einem fürs Pferd unbekannten Platz zu geben. Die Prüfung sollte für das Pferd eine Bestätigung der erarbeiteten Fähigkeiten sein. Negative Erfahrungen an der ersten Prüfung können prägend wirken. Ein fürs Pferd möglichst stressfreien Ablauf an diesem Tag sollte darum angestrebt werden und zentral sein. Schlussendlich möchten wir doch alle ein gelassenes und stressfreies, einsatzfreudiges Pferd bei weiteren Lebens-, Leistungs- und Sportprüfungen, ob in der Freizeit, Sport, Zucht oder Therapie. Das wird erleichtert, wenn positive Erfahrungen mit der Prüfungssituation verknüpft werden.

Fazit

Der Feldtest dient Züchter, Ausbilder, Kunden, Richter miteinander in Kontakt zu treten, ist Traditionspflege und ein gesellschaftliches Ereignis. Weil sich der ganze Wettbewerb einer Region an einem Ort versammelt ergibt sich eine Markttransparenz und eine Übersicht über das Angebot. Viele Nachkommen können auf einen Blick gesehen, erfasst und verglichen werden. Der Züchter erhält nicht nur Rückmeldung in Form des Bewertungssystems sondern kann die Leistung seiner Zucht darstellen und erhält die Möglichkeit diese zu präsentieren.

Für den Zuchtverband stellt der Feldtest ein Instrument zur Gewinnung von zuchttechnischen Daten da. Mit Hilfe der Bewertungen kann eine eingeschlagene Richtung bestätigt oder ein neuer Trend gesetzt werden.

Für den Kunden muss klar sein, dass eine solche Prüfung eine Momentaufnahme ist, die nicht alles über die Qualität eines Pferdes aussagt. Der Feldtest gibt in erster Linie Aufschluss über die momentanen Standards und einen ersten Eindruck über ein Pferd. Ein Käufer sollte sich nicht nur davon leiten lassen, was er auf dem Feldtest gesehen hat sondern sich ein genaueres Bild machen. Er sollte sich überzeugen wie das Pferd ausgebildet wurde und ob das Pferd zu ihm passt. (Siehe „Der Freiberger als Einsteigerpferd“)

Es ist schwierig alle Anforderungen und Sichtweisen unter einen Hut zu bringen. Lassen sich die Anliegen des Züchters und Verkäufers Zuchtverbandes mit denen von einem Jungpferd vereinbaren? Klar wird, dass der Feldtest als Teil einer Zuchttradition nicht die Bedürfnisse aller Beteiligten in allen Facetten gerecht werden kann.

Jeder sollte für sich entscheiden können, ob die Reit- und Fahrprüfung des Feldtests für sein Jungpferd wichtig und der Zeitpunkt richtig gewählt ist.

Erläuterungen zum Verhaltenstest haben wir bewusst ausgeklammert, da wir diese Thematik in einem Folgeartikel aufgreifen werden.

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