Der Freiberger im 19. Jahrhundert

Zur Pferdezucht in der Schweiz, 16. bis 19. Jahrhundert

Andres Furger, Fassung vom 19. 10. 2014 Seite 11 ff "...Die in der Schweiz einheimischen Pferdeschläge sind sehr verschieden, der beste ist der Freiberger Schlag. Er hat seinen Namen von dem Bezirke „die freien Berge" im westlichsten Theiledes Kanton Bern im Juragebirge. Es nähern sich diese Thiere dem belgischen oder Luxemburger Pferde, sie sind kräftige Zugpferde und vielfach vortreffliche Traber für leichtere Fuhrwerke und Postwagen, obgleich dem breiten und gedrungenen Bau nach diese Eigenschaften nicht erwartet werden. Eine sehr gut angesetzte Schulter und gutes Temperament geben ihnen diese Fähigkeiten. Die gewöhnlichen Ackerpferde der westlichen Schweiz sind Bastarde von diesem Schlag. Zum Reitdienst eignet er sich nicht, ebenso wenig zu einem Luxus-Kutschenpferde. Der Rücken ist häufig gesenkt, welcher Uebelstand noch mehr in die Augen fällt dadurch, daß das Hintertheil überbaut (zu hoch) ist. Im Stalle fällt dieser fehlerhafte Bau sehr auf, während es bei der Arbeit und während der Bewegung nicht der Fall ist. Die Thiere geben sich dabei hinunter und gehen vortrefflich in das Geschirr bei der Arbeit."

S. 13 ff "...In allen diesen ausländischen Quellen ist stets von Schweizer Schlägen und nicht Rassen die Rede. Dies ist letztlich Definitionssache. In der Regel wird von dem Zeitpunkt an von einer Rasse gesprochen, ab dem ein Gestüt- oder Stutbuch geführt wurde. Systematisch und über längere Zeit geführte Stutbücher zu Schweizer Schlägen sind dem Schreibenden für die Zeit vor1900 nicht bekannt. Eine Ausnahme bildet die Klosterzucht von Einsiedeln. Dort standen aber stets nur bis zu hundert Zuchtpferde und diese Population spielte im 19. Jahrhundert - international gesehen - keine bedeutende Rolle mehr..."

"...Man stellte von 1818 an im Jura(Vaulion) Züchtungsversuche mit Percheronhengften aus der Normandie an: allein diese Stuterei ging im Jahre 1832 wieder ein, weil die aus derselben gezogenen Pferde zu fein von Race für den beschwerlichen Dienst waren. Dagegen wurde in Morges eine Gesellschaft zur Verbesserung der schweizerischen Pferdezucht gestiftet, die für kräftige Ackerpferde Prämien giebt. Im Kanton Bern werden im Bezirk Pruntrut die schönsten Pferde gezogen und dorthin fallen auch alljährlich die höchsten von der Regierung gezahlten Prämien, namentlich für Hengste. Außerdem züchtet der Kanton Bern in den sogenannten Erlenbacher Pferden eine gute Race. Im Kanton Luzern wird fast nur noch im Entlebuch etwas Pferdezucht getrieben. Ein Schlag, stark und gesund, mit kräftigen Lungen und Knochen wie von Eisen ausgestattet, ist der muntere und kernige Jurassierschlag, der in dem solothurner Schwarzbubenlande und in den berner Freibergen gezüchtet wird. Mecklenburger Race, sowie überhaupt Pferde aus den großen gedehnten und sandigen Ebenen Deutschlands taugen für das bergige schweizer Terrain nicht"

S 14 ff "...Die wilde Einkreuzung von fremden Hengsten ohne System und Konstanz, wirkte sich in der Schweiz nachteilig aus, wie dies der zitierte Bericht von 1865(„keine einheitliche Leitung der Zucht“) und das nachfolgende Zitat von Staub bestätigen. Offenbar wurde in der Schweiz zu wenig berücksichtigt, dass es für eine geregelte und nachhaltige Kreuzungszucht mehr als eine oder zwei Pferdegenerationen brauchte. Diese Regel war an sich im frühen 19. Jahrhundert all-gemein bekannt. Zur konsequenten Kreuzungszucht als Beispiel eine Passage des deutschen Autors Stephan 1845:Hieraus ergiebt sich die wichtige Regel, ja nicht zu früh mit dem Gebrauche männlicher Originalthiere bei der Kreuzung aufzuhören, vielmehr die Anwendung derselben so lange fortzusetzen bis kein Rückschlag mehr erfolgt, die Veredelung der Race also consolidirt ist.“ 

 Es braucht 6 bis 8 Generationen, das heisst mindestens 25 Jahre geradlinige Kreuzungszucht zur Etablierung einer neuen Zuchtlinie und zwar stets mit ähnlichem „Blut“. (Dieses Thema wird ausführlich behandelt im E-Book desAutors zu den Fahrpferden Europas.)
 
…Das Burgdorfer Pferd war übrigens das späte Resultat der Zeit um 1900 einer Kreuzung zwischen einheimischen Stuten, vor allem von Freibergern, mit Ardenner Hengsten, gezüchtet für den schweren Zug, nicht als Kutschpferd."

S 17 ff

"...Die Erhaltung der Freibergerrasse hatte auch einen weiteren Grund. Im Zuchtgebiet des Freibergers, auf den Jurahöhen, blieben nach der Agrarrevolutionder Zeit um 1800 die grossen Allmenden erhalten und damit die grossen Weideflächen als Basis der Pferdezucht."

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