Schweizerisches Stammzuchtbuch für das Zugpferd Band IV, 1935

Vorbericht

Seit der im Jahre 1930 erfolgten Herausgabe des dritten Bandes des schweiz. Stammzuchtbuches für das Zugpferd, hat sich die Wirtschaftkrise sozusagen in allen Kulturstaaten verschärft. Auch die schweiz. Landwirtschaft ist von ihr erfasst worden und sie macht sich ganz besonders in verminderten Absatzmöglichkeiten und stark fallenden Preisen für viehwirtschaftliche Produkte geltend. Der Export von Zuchtvieh hat ungeachtet behördlicher Unterstützung zahlen- und wertmäßig eine starke Einbusse erlitten…..

….Die inländische Pferdezucht stellt einen der wenigen Erwerbszweige der Landwirtschaft dar, die von der Krise nur in tragbarer Weise belastet worden sind…

…Die vorzügliche Eignung des Jurapferdes sowohl für die mannigfaltigen Bedürfnisse der Landwirtschaft, des Handels und des Gewerbes als für die Bespannung der Militärfuhrwerke und die Berittmachung der Artillerieunteroffiziere hat ihm auch in den Landesteilen vermehrten Eingang verschafft, die ihren Pferdebedarf noch vor kurzer Zeit in der Hauptsache aus der Einfuhr deckten.

Das Freibergerpferd war schon als ausdauernd und genügsam vorteilhaft bekannt, als der Veredlungsprozeß mit fremden Vollblut- und Halbbluthengsten einsetzte, bei dem sich das der Scholle angepasste Jurapferd als der stärkere Teil erwies. Dabei muß jedoch dankbar anerkannt werden, dass eine Anzahl fremde Hengste durch ihre Erbanlagen die inländische Pferdezucht vorteilhaft zu beeinflussen vermochte, was sich auch heute noch bei den einzelnen Familien in ungleich starkem Maße erkennen lässt.

Die Verschiedenartigkeit der einzelnen Stammhengste – das Stammzuchtbuch zählte bisher 13 Familien – vermag sich, wenn auch nicht auf der ganzen Linie, so doch in einer gewissen Zahl von Abkömmlingen noch heute abzuzeichnen. Der auf den Stammhengst Vaillant, Fam1, zurückgehende Nachwuchs ist in der Regel grösser und schwerer als die zur Fam. 3, Imprevue gehörenden Produkte, die in ihrer äusseren Beschaffenheit deutlich die Einkreuzung von Anglonomännerblut verraten, insbesondere die Nachkommen des Hauptvererbers in der vierten Generation, Chasseur, der indessen mütterlicherseits Vaillant-Blut führt. Da der inländische Pferdebedarf nicht auf einen einzigen Typus eingestellt ist, bildet der heutige Zuchtbestand die notwendige Voraussetzung für eine den verschiedenen Ansprüchen gerecht werdende Produktion.

 

Hat das Ganze sich unter dem Einfluss der Scholle und der Konstanz des Jurablutes zu einer festgefügten Rasse verbunden, so erfordert eine sorgfältige Zuchtwahl nicht nur ein kluges Abwägen nach der äusseren Erscheinung, auch die Familienzugehörigkeit, der Urstamm darf nicht unberücksichtigt bleiben. Es ist eine züchterische Erfahrungstatsache, dass die besten Zuchtprodukte nur aus eine Verbindung von Elterntieren hervorgehen, die im Blutaufbau und äusserer Beschaffenheit nicht zu stark von einander abweichen. So können innerhalb der Familie Vaillant, die mit ihren im Stammzuchtbuch eingetragenen 202 Zuchthengsten und 3957 Zuchtstuten eine gewaltige Ausdehnung erfahren hat, Paarungen, soweit die einzelnen Tiere nicht selbst allzu nahe verwandt sind, vorgenommen werden, die nicht mehr als Inzestzucht zu betrachten sind, gleichwohl aber weitgehende Gewähr für einen ausgeglichenen Nachwuchs bieten. Auch die Verbindung von Tieren dieser Blutlinie mit Abkömmlingen der Imprévue-Familie hat sich in sehr zahlreichen Fällen als züchterisch wertvoll erwiesen. 

Es lässt sich indes im Rahmen eines kurzen Vorberichtes kein abschliessendes Urteil fällen über das auf Grundlage jahrzehntelanger Beobachtungen im Zuchtgeschäft am meisten Erfolg versprechende Verfahren in der Wahl der Elterntiere verschiedener Blutlinien oder Familien. Es kann das auch nicht unsere Aufgabe sein, so verlockend ein Versuch auf Grundlage des gewaltigen im Stammzuchtbuch gesammelten Materials auch wäre. Das ist vielmehr Sache des praktischen Züchters, der gestützt auf seine persönlichen Wahrnehmungen und unter Zuhilfenahme der Resultate möglichst weitergehender Beurteilungsergebinsse seine Schlüsse ziehen muss. Der ernsthafte Züchter wird deshalb alle diejenigen Hilfsmittel seinen Zwecken dienstbar zu machen suchen, die ihm Einblick gewähren in die Entwicklung der gesamten Zucht. Als das zuverlässigste dieser Hilfsmittel, das in vielen andern Kulturstaaten seit 100 und mehr Jahren zu den unentbehrlichen Requisiten der Tierzucht zählt, sind die Stammzuchtbücher anzusehen…..

…So entfallen von den im vorliegenden Band näher umschriebenen Neuaufnahmen von 108 Zuchthengsten und 3491 Zuchtstuten Auf die Familie 1 Vaillant 50% der Hengste und 43% der Stuten, auf die Familie3 Imprevue 20% der Hengste und 18% der Stuten.

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